Das Maria-Hueber-Gymnasium

Gelebte emanzipatorische Praxis von Mädchen –
Persönliche Überlegungen

„Jede Frau sollte mindestens ein Jahr lang Frauengeschichte studieren, egal, was sie sonst macht. Jede Frau ändert sich, wenn sie erkennt, dass sie eine Geschichte hat.“
Gerda Lerner


Prämisse
Gendergerechte Bildung ist immer auch mädchengerechte Bildung und müsste ein Auftrag jeder Schule sein, weil mit jeder Generation Geschlechterstereotype neu inszeniert, gelebt und gefestigt werden. Ein Verzicht auf eine explizite Benennung von Mädchen kann zu einer De-Thematisierung von Genderaspekten führen. Eine Fragehaltung, die Mädchen in den Blick nimmt und nicht aus scheinbarem Zeitmangel das „Allgemeine“ stillschweigend mit dem „Männlichen“ gleichsetzt, ist aus meiner Sicht notwendig und unabdingbar. Mädchenförderung ist unter dem Aspekt der Gleichberechtigung ein klarer gesellschaftlicher Auftrag; eine Mädchen nicht diskriminierende Sprache ist ein Zeichen, dass wir Gleichheit überhaupt wollen.

7 gute Gründe für Mädchenbildung am MHG
Ganz im Sinne des obigen Zitats arbeiten wir seit vielen Jahren an unserer Schule. Das Maria-Hueber-Gymnasium hat sich zur Aufgabe gemacht, sozial und kulturell gewachsene Rollenbilder zu reflektieren, zu verändern und den Schülerinnen die Möglichkeit zur Entwicklung und Entfaltung ihrer individuellen Talente und Potenziale zu bieten:
1. Mädchen entwickeln ihre Persönlichkeit ohne Irritationen.
2. Die Wertschätzung von Mädchen wirkt sich positiv auf deren Entwicklung aus.
3. Mädchen werden durch gerechte Sprache sichtbar und hörbar gemacht.
4. Mädchen werden für Zivilcourage und Gerechtigkeit sensibilisiert; dadurch entwickeln sie innere Stärke und Selbstbewusstsein.
5. Mädchen handeln als Freundinnen oder als Gruppe, erfahren viel Austausch mit Lehrpersonen, können sich in allen Rollen erproben.
6. Mädchen erfahren täglich das Gefordert- und Gefördert-Werden, Angenommen- und Aufgehobensein.
7. Mädchen wissen auch um große Schriftstellerinnen, Malerinnen, Politikerinnen, Mathematikerinnen, um starke Frauenmodelle und symbolische Mütter und erhalten Gelegenheit zur Reflexion.
Warum wird nicht an allen Schulen in Südtirol…
… Hypatia im Philosophieunterricht behandelt?
… neben Gryphius auch Katharina von Greiffenberg gelesen?
… der Internationale Tag „Null Toleranz gegenüber Gewalt an Frauen und Mädchen“ thematisiert?
… gerecht gesprochen und geschrieben?
… Mädchen MINT schmackhaft gemacht?
… Sport für Mädchen gefördert?
… über vorurteilsbewusste Literatur reflektiert?
… über Schönheitswahn, Zwangsverheiratung oder die gläserne Decke gesprochen?
Solange wir diese Fragen noch stellen (müssen), ist Mädchenförderung unter dem Aspekt der Gleichberechtigung ein klarer gesellschaftlicher Auftrag. Ein gendersensibles Classroom Management ist eine wichtige Voraussetzung für guten Unterricht und eine gute Basis, um institutionelle und gesellschaftliche Machtstrukturen sichtbar, greifbar und wandelbar zu machen.
Politisches, historisches und globales Bewusstsein für Mädchenbildung ist notwendig.

Heidi Hintner,
Lehrerin und Direktorin des Maria-Hueber-Gymnasiums